„Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn. Drum dankt ihm dankt und hofft auf ihn.“ So lautet der Refrain des bekannten Erntedankliedes von Matthias Claudius – Wir pflügen und wir streuen.
Liebe Gemeinde, das Fest zu „Erntedank“ ist wohl fast so alt wie die Menschheit selbst, denn seit Menschen sesshaft wurden, versuchen diese, ihre Umgebung urbar zu machen und der Erde ihren Lebensraum abzuringen, in Bahnen zu lenken, berechenbarer zu machen, kurz: zu bebauen. Dabei ist der Mensch unermüdlich und reichlich kreativ und erfinderisch. Gleichzeitig macht er auch immer wieder die Erfahrung, dass Sorgen, Mühen und Pflegen ihre Berechtigung und auch ihre Notwendigkeit haben, zugleich aber Wachsen und Gedeihen letzten Endes unverfügbar bleiben. Der Dank, der dieser Erkenntnis folgt, hat im Glauben eine Adresse. – „Na, heute schon gedankt?“ Gedankt – nicht als Reaktion auf den mahnenden Zeigefinger „Was sagt man?“ sondern als Herzensangelegenheit, als tiefes inneres Bedürfnis. Dank bedeutet abschließen zu dürfen: Es ist gut. Ich habe meinen Teil getan. Gleichzeitig weiß ich, Gott, es ist nicht einzig mein Verdienst, was mir geschenkt ist an Wachsen und Werden.
„Na, heute schon gedankt?“- Ich habe es nicht einzig in der Hand. Wachsen und Werden heißt immer auch Lassen und am Ende als Geschenk annehmen können, was geworden ist. Matthias Claudius beschreibt es ganz poetisch: Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land, doch Wachstum und Gedeihen liegt in des Himmels Hand. Und gerade in diesem Jahr erlebe ich den Dank sehr bewusst. Wenn ich mir die großpolitische Lage in der Welt ansehe und von Erdbeben und Fluten höre und sehe, merke ich ganz schnell: es ist eben nicht selbstverständlich, dass wir ernten dürfen, von dem, was gesät ist. Es tut mir gut zu wissen, dass all mein Dank nicht ins Leere geht, sondern eine Adresse hat, bei welcher der Dank Gehör findet. Und es tut mir gut, mich im Dank nicht allein zu wissen, sondern, dass ich gemeinschaftlich mit anderen Danken kann, gerade im Erntedankgottesdienst.
„Na, heute schon gedankt?“ Danke, für diesen guten Morgen. Danke für jeden neuen Tag. Danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag. Das tut so gut, dieses Lied zu singen und mit einem Mal bekomme ich einen neuen Blick auf mein Leben, wenn ich wieder einmal nicht weiß, welchen Joghurt ich aus dem Kühlregal nehmen soll.
Mit herzlichen Grüßen für Sie und Ihre Lieben – Ihre Pfarrerin Evelin Franke