„Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin.“ Psalm 139,14
„Ich bin wunderbar gemacht“ – diesen Satz aus tiefster Überzeugung zu sprechen, fällt uns als Erwachsene deutlich schwer. Haben wir nicht eher 100 Dinge an uns zu bemängeln? Dem einen sind seine Haare zu lockig, dem anderen sind sie zu glatt, der dritte stöhnt, dass er gar keine Haare mehr hat. Was für äußere Merkmale gilt, gilt für die inneren erst recht: Wer von uns wäre nicht gerne intelligenter, witziger, unterhaltsamer usw. Stattdessen müssen wir uns mit dem Maß an Eigenschaften und Begabungen zufrieden geben, das Gott uns mit auf den Weg gegeben hat. Das fällt uns manchmal schwer.
Der Beter von Psalm 139, aus dem unser Monatsspruch stammt, richtet seinen Blick zu Anfang seines Gebets gar nicht auf sich selbst, sondern in die Ferne, bis an die Enden der Erde. Er staunt darüber, dass Gott überall zu finden ist, ja viel mehr, dass Gott ihn überall findet. Gott sucht unsere Nähe, weil er uns zugetan ist, weil er uns liebt und zwar genau so, wie wir sind. Ich glaube,da, wo ein anderer uns bezeugt: „Ich liebe dich, und zwar genauso, wie du bist“, da lernen wir am ehesten, uns auch selbst zu lieben und wert zuschätzen. Die Erfahrung, dass Gott um keinen Preis auf ihn verzichten will, ist es, die unseren Beter dazu bringt, zu sich selbst zu stehen und zu bekennen: Ich danke dir, Gott, dass ich wunderbar gemacht bin. Ich bin wunderbar gemacht – das gilt für mich, aber für den Menschen neben mir in gleicher Weise. Gott hat viele Ideen davon, wie ein gelungener Mensch aussieht, und jede und jeder von uns verkörpert eine davon.
Letztlich kann uns unser Monatsspruch nur zu mehr Toleranz führen. Wer ihn ernst nimmt, für den kommt etwa Rassismus als Lebenseinstellung nicht in Frage. Denn Rassismus ist die Herabwürdigung eines großen Teils der wunderbaren Werke Gottes.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es in unserem Grundgesetz.
Dieser Satz gilt für alle Menschen. Für uns Christen ist die Menschenwürde keine in uns liegende Eigenschaft, sondern liegt darin begründet, dass Gott uns als sein Gegenüber haben will. Wir bringen sie aber erst richtig zum Leuchten, wenn wir die Beziehung zu Gott und zu unseren Mitmenschen pflegen.
Ich wünsche Ihnen, dass die Erfahrung der Liebe Gottes Ihnen hilft, sich selbst anzunehmen und Sie so die Freiheit gewinnen, auch andere in Ihrer Andersartigkeit schätzen zu lernen.
Mit herzlichen Grüßen für Sie und Ihre Lieben!
Ihre Pfarrerin Evelin Franke